Die Neonatologie der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden hat bereits in der Vergangenheit wichtige Impulse für die Entwicklung neuer Formen der Kommunikation bei der Betreuung von zu früh- oder krank geborener Kinder gegeben. Jetzt erhält diese Kommunikation eine digitale Dimension: Ab Anfang Januar 2016 können Eltern von früh- oder krank geborenen Kindern das „Neo-App#Tagebuch“ nutzen.
Die Smartphone-App wurde vom Dresdner Unternehmen akili:innovation programmiert und entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Uniklinikum Dresden und der Deutschen Stiftung Kranke Neugeborene (DSKN). Das Programm hält wichtige Daten wie Telefonnummern oder Stationsübersichten des Uniklinikums bereit, sichert Daten über die Entwicklung des Kindes und unterstützt die Eltern mit einer digitalen Tagebuchfunktion. Damit wird die App zur wertvollen Unterstützung für die Eltern in einer schwierigen Lebensphase.
„Eltern, deren Kinder deutlich zu früh oder krank geboren werden und die in den ersten Monaten um das Überleben ihres Babys bangen, fühlen sich während der stationären Versorgung im Krankenhaus und in der Anfangszeit zu Hause im Umgang mit ihrem Kind mitunter noch nicht ausreichend sicher“, erklärt der Psychologe in der Neonatologie des Uniklinikums Dresden, PD Dr. Jörg Reichert. „Hier kann ein Tagebuch helfen. Die Eltern müssen lernen, ohne ärztliches Feedback oder die Begleitung versierter Pflegekräfte auf ihr Kind einzugehen.“ Eine schwierige Aufgabe, da beispielsweise Frühgeborene sich deutlich weniger als andere Babys ausdrücken können, was ihnen fehlt.
Durch den Einsatz der Smartphone-App „Neo-App#Tagebuch“ sollen betroffene Eltern einen einfacheren Überblick über die Entwicklung ihres Kindes bekommen und dadurch im Umgang mit ihrem Nachwuchs schnell an Sicherheit gewinnen. Eine erste Testphase von November bis Dezember 2015 zeigte bereits, dass Eltern die App annehmen und als Unterstützung erleben. Neben Möglichkeiten zur Telefonnummernsuche und Hinweisen zur Versorgung der Neugeborenen bildet die Tagebuch-Funktion das Herzstück der App.
„Indem die vielen kleinen Veränderungen und Erfolge bei der Behandlung niedergeschrieben werden, bemerken die Eltern zunehmend die Fortschritte ihres Kindes“, erklärt Prof. Mario Rüdiger, Leiter der Neonatologie des Uniklinikums. „Insbesondere im späteren Verlauf, wenn die Eltern nur noch zu bestimmten Terminen mit ihrem Nachwuchs ihren Kinderarzt oder das Uniklinikum aufsuchen, kann das Tagebuch für die Patienten und den behandelnden Arzt eine wichtige Erinnerungshilfe sein, um kein Detail außer Acht zu lassen.“ Bereits seit 2012 setzt die Neonatologie auf Tagebücher, die die Eltern mit einer vorgegebenen Struktur unterstützen. Das bisher in Ringbuchform geführte Tagebuch wurde nun in die Smartphone-App übertragen, um auch anderen Kliniken eine schnelle und unkomplizierte Nutzung zu ermöglichen.
Seit dem 1. Januar 2016 steht das „Neo-App#Tagebuch“ im Google Play Store zum Download zur Verfügung; die iOS-Version folgt bald. Der Preis der App liegt dabei deutlich unter dem der analogen Papier-Variante und wird sich an den gängigen Preisen der App-Stores orientieren. In den ersten Monaten wollen die Entwickler das Programm jedoch zunächst kostenlos anbieten und durch das Feedback der Nutzer weiter verbessern. Zudem sollen zukünftig weitere Finanzierungsmöglichkeiten wie etwa ein Sponsoring-Programm geprüft werden, damit die Eltern das „Neo-App#Tagebuch“ dauerhaft kostenlos nutzen können.
Die App selbst bietet Raum für Erweiterungen: „Hinweise von Eltern für Eltern, Terminerinnerungen oder ein Glossar zur Erklärung medizinischer Fremdwörter sind für uns mögliche Ansatzpunkte, unser Angebot weiter auszubauen“, erklärt Prof. Mario Rüdiger. Anders als bei herkömmlichen Apps benötigt das „Neo-App#Tagebuch“ keine umfangreichen Berechtigungen und greift vor allem nicht ungefragt auf persönliche Daten der Nutzer zurück. Alle zur Verfügung gestellten Daten bleiben auf dem betreffenden Endgerät. Und auch die Entscheidung, ob Ärzte die Einträge im Tagebuch nutzen dürfen, obliegt den Eltern. Sie allein entscheiden, wie viele Informationen sie mit den Medizinern teilen möchten.